Abendmahl mit Kindern
In unserer Gemeinde sind Kinder seit 2017 zum Abendmahl zugelassen.
Nach dem klassischen Verständnis in der Evangelischen Kirche ist die Konfirmation die Voraussetzung zum Abendmahl. Die Konfirmation wurde von dem Straßburger Theologen und Reformator Martin Bucer (1491-1551) eingeführt. Die Jugendlichen sollten nach dem ausführlichen kirchlichen Unterricht in einem eigenen Bekenntnis „Ja“ zu ihrer Taufe sagen. Spätere Theologen haben dann die Zulassung zum Abendmahl an die Konfirmation geknüpft. Ihr Argument: Zum würdigen Abendmahl gehört es, erst einmal Glaubensinhalte wie die Sündenvergebung gelernt und verstanden zu haben und den eigenen Glauben öffentlich zu bekennen. Beides demonstrieren die Jugendlichen, wenn sie mit der Konfirmation als mündige Christen in die Gemeinde aufgenommen werden.
Kinder beim Abendmahl
Dass erst Jugendliche bzw. junge Erwachsene das Abendmahl feiern können, war nicht immer so. Noch Martin Luther selbst hielt nichts davon, den Zugang zum Abendmahl zu beschränken. In einer Tischrede sagte er: „Es steht aber nichts im Wege, dass auch Kindern das Sakrament des Altars gegeben werden kann.“ Er berief sich auf die Bibel: Bei den ersten Christen im Neuen Testament und in den ersten Jahrhunderten wurden Taufe und Abendmahl immer zusammen gefeiert. Wenn es in der Bibel heisst, dass Menschen sich „mitsamt ihrem Haus“, also mit ihrer Familie, taufen ließen, dann waren auch Kinder dabei, auch beim Abendmahl (1. Korinther 1,16; Apostelgeschichte 16,15-33). Und: Jesus segnete die die Kinder und stellte sie in die Mitte - als Vorbilder für den vertrauensvollen Glauben (Markus 10,13-16).
Konfirmation heisst nicht „Zulassung zum Abendmahl“, sondern 1. das eigene Bekenntnis zum Glauben und 2. die persönliche Segnung. Beides macht den starken Kern der Konfirmation aus.
Inzwischen lassen die meisten Ev. Kirchengemeinden in Deutschland die Kinder zum Abendmahl zu.
Was steckt hinter dem Abendmahl?
Die Entscheidung, Kinder mit einzuladen, ergibt sich aus dem Verständnis des Abendmahls.
Wir feiern
- die Gemeinschaft mit Gott und mit einander
- die Vergebung und Versöhnung
- die Freude und den Dank für das Leben
- die Hoffnung auf Trost und auf Gottes Hilfe
- die Erinnerung an Jesus Christus selbst, der seinen Jüngern das Abendmahl schenkte.
Eigentlich können wir das alles nicht oft genug feiern. Es gibt keine biblischen oder theologischen Gründe, Kinder vom Abendmahl aus zu schließen.
Das heisst nicht, dass das Abendmahl bei der Konfirmation unwichtig würde. Im Gegenteil. Wenn unsere Kinder schon vorher die Schönheit, den Ernst und das Geheimnis beim Abendmahl erleben können, werden sie es später gerne feiern (und bei der Konfirmation nicht zum ersten und womöglich letzten Mal hingehen).
Wir feiern das Abendmahl ganz unterschiedlich: mit Brot oder Oblaten und immer mit Saft und Wein zur Auswahl. Mit der alten Liturgie oder kindgerecht und feierlich in Kinder- und Familiengottesdiensten.
Heil- und Nahrungsmittel Interview mit Kerstin Othmer
Seit vielen Jahren sammeln Sie in der Landeskirche Erfahrungen mit Kindergottesdiensten. Was ist für Sie das Besondere am Abendmahl mit Kindern?
Das Besondere am Abendmahl ist für mich, dass Gott selbst alle einlädt. Im Abendmahl sehen und schmecken wir, wie freundlich der Herr ist. Die Gemeinde stärkt sich und vergewissert sich. Getaufte Kinder sind vollgültige Gemeindeglieder. Ein Ausschluss ist theologisch nicht nachvollziehbar.
Traditionell ist die Zulassung zum Abendmahl mit der Konfirmation verknüpft. Welche Gründe sprechen dafür, dass Kinder bereits lange vor der Konfirmation zum Abendmahl dürfen?
Traditionell, d.h. bis zur Einführung der Konfirmation im 16. Jahrhundert, geschieht die Zulassung zum Abendmahl mit der Taufe. Wir praktizieren bewusst auch die Säuglingstaufe. So wie in den orthodoxen Kirchen, werden dann auch Säuglinge mit dem anderen Sakrament versorgt. Das ist konsequent. Die Zeit von kirchlichem Unterricht bis zur Konfirmation als nachgeholten Taufunterricht anzubieten ist verantwortungsbewusst. Die Konfirmation bedeutet das eigenständige öffentliche Bekenntnis zur Taufe und den persönlich zugesprochenen Segen zu bekommen.
Manche Kritiker sagen, dass Kinder heute, im Gegensatz zu früher, immer alles sofort gleich bekommen. Kinder sollten aber auch mal auf etwas warten können, zum Beispiel eben auf das Abendmahl zur Konfirmation. Können Sie diese Kritik verstehen?
Ich bin tatsächlich auch sehr wertkonservativ und kann das Argument nachvollziehen. Ich denke, dass Kinder auch auf Manches warten lernen sollten. Aber bitte nicht auf Heil- und Nahrungsmittel!
Das Abendmahl ist für viele Gottesdienstbesucherinnen und -besucher ein besonderes und feierliches Erlebnis. Wie spüren Kinder das Besondere?
Darf ich mit einer Gegenfrage antworten? Wie spüren Erwachsene denn das Besondere? Sehen Sie, auch nicht anders als alle anderen. Die Gebetstexte führen ein, die Lieder leiten hin, die Einsetzungsworte, weitere Stationen der Abendmahlsliturgie erklären und deuten, was geschieht und warum wir feiern. Der Gottesdienst in seiner liebevollen und würdigen Gestaltung nimmt das Besondere auf.
Zum Abendmahl gehen Menschen mit sehr unterschiedlichen Beweggründen. Da stehen Kinder und Jugendliche vielleicht neben einem Witwer. Wie gehen Sie damit um?
Ich nehme die Situation ins Gebet und lege sie Gott ans Herz: Guter Gott, hab Dank für die Einladung an deinen Tisch. Wie gut das tut, dass wir zu dir kommen können und du uns beschenkst und ernährst. Einfach köstlich! Wie lieb von dir, dass du niemanden ausschließt und dir alle willkommen sind. Einfach himmlisch. Dankeschön, dass du uns hilfst eine Gemeinschaft zu sein, obwohl wir so verschieden sind. Lieber Gott, es ist gut, dass es dich gibt, dass du dich gibst und uns vergibst. Amen.
Weitere Infos:
www.kindergottesdienst-westfalen.de
www.institut-afw.de